Rauchende Orgel

Pierre Cochereau war 30 Jahre lang – von 1954 bis 1984 – Organist an Notre Dame. Er war nicht nur für sein virtuoses Orgelspiel und seine Improvisationskunst berühmt; auch seine Vorliebe für reichhaltiges Essen und Trinken war legendär. Außerdem war er noch Kettenraucher – ein Laster, von dem er, so erzählt man sich, auch beim Orgelspiel nicht abließ.

Da raucht einer drei Jahrzehnte lang inmitten der ganzen Holzkonstruktion der riesigen Orgel und nix passiert. Und dann, dreieinhalb weitere Jahrzehnte später, in einer Zeit hochentwickelter Sicherheitstechnik, reicht ein kleiner Kurzschluss…

Die berühmte Orgel, so erfahren wir, blieb aber verschont. Dass je wieder an ihrem Spieltisch geraucht wird, ist aber eher unwahrscheinlich.

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Nichtraucherorgel in der Stadtkirche zu Neustadt/Holstein

Nu is aber mal Ruhe…

Am vergangenen Wochenende war ich auf Einladung der ag friedhofsmuseum in Berlin, um im alten Verwalterhaus auf dem Friedhof St. Marien – St. Nikolai, das für kulturelle Veranstaltungen genutzt wird, meine Lesung »Auf der Schwelle – Vom Leben mit dem Tod« zu machen.

Wenn man sich eine Weile mit dem Thema der Lesung beschäftigt und etliche literarische und sonstige Texte dazu verarbeitet hat, ist einem ja kaum eine Ansicht mehr fremd, die dem Tod irgend etwas Positives abzugewinnen versucht. Immerhin, mit einer sehr schönen Variante wurde ich gleich bei meiner Ankunft konfrontiert:

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Inschrift auf dem Zeitler-Mausoleum im Berliner Georgen-Parochial-Friedhof an der Prenzlauer Allee

Na, das ist doch mal auf den Punkt gebracht – endlich Schluss mit der Malocherei!

Es war übrigens ein wunderschönes Wochenende mit herrlichem Frühlingswetter. Meine Gastgeber sorgten sich angenehm unaufgeregt, aber sehr effektiv um mein Wohl, boten mir Logis vom Feinsten und vor allem eine Beförderung mit einem der urigsten Vehikel, in dem ich je gesessen habe:

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Betonung auf »gesessen«. Auf den Liegendtransport in einem solchen Fahrzeug kann ich noch eine Weile verzichten. Mag die Aussicht, ein für allemal von jeglicher Arbeit befreit zu sein, auch noch so verlockend sein. Meine Arbeit macht mir (meistens) Spaß.

Rechtes Foto: ©Martin Ernerth